Dienstag, 9. August 2011

Der Teutschen Broder

Dieser Post ist auch eine sehr späte (wegen langer Abwesenheit) Antwort auf JW's Kommentar zu meinem vorhergehenden Post zu Broders Text "Ihr feigen Deutschen seid alle passiv-aggressiv!".

Nach den Attentaten von Oslo begann in deutschen Medien der Versuch, Henryk M. Broder medial zu diskreditieren. Robert Misik nennt ihn in der taz in einem Atemzug mit Geert Wilders und Christian Strache, Josef Winkler schimpft ihn ebenfalls in der taz eine zynische Kanaille und schreibt, er solle sich sein Auto in den Hintern schieben. In der Blogosphäre wir ihm Borderline attestiert und dass er Antisemitismus nur als Ausrede benutze. Und im Leitartikel der FR schreibt Christian Bommarius besonders perfide:

"Es wäre demagogisch, Broder und andere deutsche Islamophobe zu geistigen Brandstiftern zu erklären und für Breiviks Verbrechen in Mithaftung zu nehmen. Aber richtig ist eben auch, dass Schriften, wie sie Broder verbreitet, das Entrebillett für den aggressiven Antiislamismus bilden, der nicht nur die deutsche, sondern fast alle europäischen Gesellschaften befallen hat. Spätestens nach den Morden Breiviks empfiehlt sich dringend verbale Abrüstung."
Über die Absurdität Broder zum geistigen Ideenlieferanten für Breivik abstempeln zu wollen, will ich hier keine Worte verlieren. Was an dieser sogenannten 'Debatte' aber einmal mehr deutlich wird, ist die Abschottung der kommentierenden Klasse gegen Kritik. Statt sich mit den Texten Broders auseinanderzusetzen, wird auf die Person Broder eingehackt. In diesen Texten, nicht in den Texten Henryk M. Broders, ist der Anti-Intellektualismus zu finden, den JW in seinem Kommentar an Broder beklagt. Mit seinen Texten findet keine Auseinandersetzung statt, höchstens wird mal ein Zitat aus dem Zusammenhang gerissen oder ihm etwas vorgeworfen, was er gar nicht gesagt hat. So wendet er sich in dem von mir verlinkten Text Broders über die Funktionalisierung von Moral mit keinem Wort gegen die Menschenrechte. Wogegen er sich wendet, ist vielmehr, gegen die Funktionalisierung von Menschenrechten und Moral fürs Ressentiment. Er beklagt nicht, dass auf die Menschenrechte gepocht wird, sondern dass nur selektiv drauf gepocht wird. Broder schreibt:

"So bricht in Deutschland eine Debatte über das Völkerrecht aus, wenn die Amis einen Massenmörder zur Strecke bringen, ohne ihn vorher darüber aufzuklären, dass alles, was er sagt, gegen ihn verwendet werden kann. Wenn aber ein Kinderschänder, der seine Strafe verbüßt hat, nicht in Sicherungsverwahrung genommen, sondern entlassen wird, bildet sich sofort eine Bürgerinitiative, die von der Polizei mit viel Mühe davon abgehalten werden muss, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen.Denn dabei handelt es sich nicht um einen Fall von Menschen- oder Völkerrecht, sondern um den Erhalt des dörflichen Idylls im Hunsrück oder in der Eifel, jedenfalls um ein Stück Lebensqualität, etwas, wovon die Amis, wie man schon an ihren Essgewohnheiten erkennt, sowieso keine Ahnung haben. Denen geht es nur um Geld, Macht und Profit."

Statt die von Broder eingeforderte Selbstreflexion zu leisten, ist es selbstverständlich einfacher auf den Kritiker einzuhacken, ihn als 'Islamkritiker', Wilders-, Strache-, Sarazin-Freund abzustempeln und somit jeder Auseinandersetzung mit seinen Texten zu entgehen. Broder 'ist eben keiner von uns' und Benehmen kann er sich auch nicht, beschimpft Zuhörer als "Arschloch". Erstens kann ich ihm das gut nachfühlen, insbesondere Angesichts der Beschimpfungen und Morddrohungen die er sich seit Jahren anhören muss und zugeschickt kriegt. Vor allem aber frage ich mich, was das mit seinem Text zu tun haben soll?
An dieser Stelle sei deshalb nochmals Broder das Wort gegeben.

4 Kommentare:

  1. Well, well, well... Isn't this a bit rich! st frames my response to his earlier post by placing it alongside the latest charges leveled by some within the German media against Broder about his implication in the Breivik attack. Now, how do I negotiate this snare? Should I bemoan the "Abschottung der kommentierenden Klasse gegen Kritik"? But seriously! Does st really think my problem with Broder has anything do with his not being "one of us" - translated as his being Jewish? Well, I'm rather sure I'm not really "one of you" too.

    As I put it in my earlier comment, I'm no fan of his. My big problem with him is that he just isn't funny, at least not when he's trying to be.

    And, please do enlighten me if I'm being such an obtuse outsider, but what's so iconoclastic about baiting Islam and the Muslim immigrant in Europe, especially when the debate about multiculturalism and tolerance has already been framed by the European chattering classes as that between a tolerant (read Judeo-Christian) West and an intolerant Islam? Isn't it a fact that Broder doesn't challenge but indeed bolsters this dominant framing? Look at the title of his book _Hurra, wir kapitulieren_. Hasn't he unwittingly acquiesced to the we/they binary? Isn't he now "one of you"?

    As for the selective and instrumental invoking of the universal human rights, doesn't Broder indulge in it too? Or, is the right to offend which he so cherishes greater than the rights of those languishing without trial in Guantanamo Bay? And, does he not deploy selectively his own brand of political correctness, which he evidently so dislikes, when he locates - and often justifiably - the underlying anti-Semitism and anti-Americanism in the German feuilletons?

    And, then what's so insightful about drawing ahistorical parallels between the persecution of minorities and women in the Islamic West Asia and then criticizing the left-liberal critique of human rights abuses in the West? Or, is he then trying to be the Left's right-wing inner voice? This is neither funny nor insightful. I'm sorry st, but if this is Broder's path to self-reflection, I'd rather be delusional...

    Regards,

    Jatin

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  2. Broder ist einfach ein Freund Sarrazins, dazu muss man ihn nicht abstempeln. Er hat sich spätestens da endgültig disqualifiziert. Das kann man sehen, wenn man sich mit seinen Texten auseinandersetzt. Oder mit den entsprechenden Youtube-Videos. Man kann seine Zeit aber auch besser verbringen.

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  3. ok, das mit dem freund sarrazins ist geschenkt, aber in dem spezifischen text um den es hier geht, geht es nicht um sarrazin. und mein punkt hier ist schlicht und einfach, dass man dann schon den text kritisieren sollte und nicht die person. ad hominem zu argumentieren ist nicht fair. in dem text geht es nicht um muslim-baiting und auch nicht um eine diskreditierung der menschenrechte. und genausowenig darum, dass broder jemanden 'arschloch' geschimpft hat. das regt mich auf und darum tönt der text wohl heftiger als beabsichtigt.

    herzliche grüsse

    stephan

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  4. Right, dv! One can indeed do better things than discuss Broder, and so, this'll be my last comment on the subject.
    As for my earlier remarks on Broder which st describes as ad hominem and unfair and which agitate him so, I believe he does me wrong. But, doesn't the agitation seem a little manufactured? After all, st's scruples didn't prevent him from clubbing my response with the latest attacks on Broder that link him to Breivik.
    Ad hominem? Again, I don't like the subtext here. It's not as though I said Broder isn't funny because he's not as fat as me or something of that sort :-) My point was that it would be simply wrong to take at face value Broder's pooh-poohing of the left-liberal criticism of the alleged human rights abuses in the Bin Laden case. To show that his own criticism might be motivated, one had to point to the larger picture, i.e. he manipulates the human rights discourse in order to bait Muslims. As for his substantive point, I believe the Left has already ceded too much ground to the security hawks on the Right, and uncomfortable questions regarding the rights of the terrorists need to be raised consistently. In my opinion, the culturalisms of both the Left and the Right that qualify these questions don't really help.
    Now, consistent with this method, i.e. of pointing to the larger picture, I also took up the persona that Broder projects, which happens to be that of a satirist/humorist and suggested that his wit as also the tolerance for criticism that he touts appeared to desert him in the wake of the Sarazin scandal. What's so unfair in that? As I was trying to state in my earlier response, sense of moral outrage and sense of humor don't necessarily go hand in hand. And, I'm astonished at st's misreading there. My point obviously wasn't that Broder said, "Arschloch" and tsk tsk how could he, but rather that he wasn't really funny there, at least not intentionally.

    Best,

    jw

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